Kreisverkehre

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Kreisverkehrsplätze mit einer Deckschicht aus Gussasphalt - Jahrzehnte bis zur ersten Instandsetzung

Kreisverkehre als planerische Notwenigkeit

Seit den 1980 er Jahren erfreut sich der Kreisverkehr zunehmender Beliebtheit als Element des Straßenentwurfes. Plangleiche Knotenpunkte mit Ampelschaltung sind aufgrund eingeschränkter Leistungsfähigkeit nicht selten als Ursache für Verkehrsbeeinträchtigungen auszumachen. Kluge Verkehrsplaner umgehen diese „Leistungsdefizite“ von Kreuzungen immer häufiger durch Anordnung eines Kreisverkehrsplatzes, vom Autofahrer vereinfacht als Kreisverkehr oder auch liebevoll als Kreisel bezeichnet. Die Verkehrsplanung unterscheidet zwischen Mini-Kreisverkehrsplätzen mit einem Durchmesser von bis zu 25 m, dem kleinen Kreisverkehrsplatz mit bis zu 50 m Durchmesser sowie dem großen Kreisverkehr, der auch zweistreifig ausgeführt werden kann und mit einem Durchmesser von bis zu 60 m einen erheblichen Platzbedarf aufweist. In Großstädten werden vereinzelt auch große Kreisverkehrsplätze mit Durchmessern von deutlich über 60 m, ausgestattet mit Lichtsignalanlegen, vorgesehen. Ein Beispiel dafür ist der „Große Stern“ im Berliner Tiergarten, dessen Zentrum durch Sicht auf die „Siegessäule“ zum Blickfang wird. Der kleine Kreisverkehrsplatz bildet die häufigste Anwendungsvariante. Neben der Erhöhung von Verkehrskapazitäten und damit auch der Leistungsfähigkeit des Knotenpunktes bietet der „Kreisel“ weitere Vorteile; potenzielle Konfliktpunkte der Verkehrsteilnehmer werden im Vergleich zum konventionellen Knotenpunkt reduziert, wodurch das Risiko von Unfällen minimiert werden kann. Die bauliche Anlage des Kreisverkehrsplatzes kann durch gestalterische Elemente den jeweiligen städtebaulichen oder landschaftlichen Gegebenheiten angepasst werden und ermöglicht so die visuelle Auflockerung einer oft schwunglosen Verkehrslinienführung. Erreicht werden kann dieses Ziel durch Einsatz optischer Stilmittel, z. B. durch individuelle Gestaltungsobjekte innerhalb der Kreisinsel. Nicht zu vernachlässigen ist der Aspekt, dass der Bau von Kreisverkehren mit geringeren Kosten und Folgekosten verbunden ist als der Bau ampelgeregelter Kreuzungspunkte.

Stand der Technik

Die straßenbautechnische Dimensionierung für Kreisverkehrsplätze erfolgt nach den jeweils gültigen RStO, wobei aufgrund der außergewöhnlich hohen tangentialen Bean-spruchungen eine Einordnung in die nächsthöhere Belastungsklasse vorzusehen ist. Dem noch immer aktuellen Regelwerk für die Planung von Kreisverkehrsflächen, dem Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren aus dem Jahr 2006, fehlen bauliche Aus-führungshinweise leider weitestgehend.

Bis in die frühen 2000er Jahre wurden Kreisverkehrsplätze fast ausschließlich in As-phaltbauweise errichtet, wobei die Deckschichten entsprechend der allgemeinen Entwicklungen sowie den Vorgaben der ZTV Asphalt-StB folgend, insbesondere bei hohen Beanspruchungen, aus Splittmastixasphalt hergestellt wurden. Da die Fahrbahnoberfläche des Kreisverkehrs radierenden Torsionsbeanspruchungen ausgesetzt ist, die sich durch entsprechende Querneigungen und langsam fahrenden Schwerverkehr noch weiter verschärfen, kann die grobkörnig-offen geprägte Oberflächentextur des Splittmastixasphaltes nachhaltig geschädigt werden.

Praktische Erfahrungen

Qualitätsrisiken entstehen aber bereits während des Einbaus. In der Regel treffen beim Bau von Kreisverkehren geringe zu verarbeitende Mischgutmengen auf komplizierte geometrische Einbauflächen. Es besteht die Gefahr, dass zu „kalt“ eingebautes Mischgut die ohnehin schwierigen Verdichtungsbedingungen in der Kreisbahn und in den „Zwickelbereichen“ weiter erschwert. Die Konsequenzen sind überproportional häufig auftretenden Schädigungen der Deckschicht, die durch Kornverluste, Rissbildungen oder plastisch/viskose Verformungen sichtbar werden.

Abb.1 Kreisverkehrsplatz mit stark geschädigter SMA-Deckschicht

Die Verbesserung der Fahrbahnqualität in Kreisverkehren versprechen sich einige Planer und Auftraggeber seit einigen Jahren durch einen Baustoffwechsel hin zum Beton. Probleme entstehen bei dieser Ausführungsvariante allerdings ebenfalls. Die Her-stellung von Betonkreisverkehren ist einbautechnologisch sehr anspruchsvoll; Borde müssen z. B. bei einigen Einbauverfahren nachträglich auf die Betonfahrbahn „aufgeklebt“ werden. Die Verkehrsfläche aus Beton ist erst Wochen nach dem Bau nutzbar und es sind umfangreiche Nachbehandlungsschritte einzuhalten. Fugen müssen im Nachgang ausgebildet und verschlossen werden. Im Vergleich zur Asphaltbauweise ist für die Herstellung des Kreisels aus Beton mit Mehrkosten von bis zu 25 % zu kalkulieren.

Deckschicht aus Gussasphalt

Das Argument der höheren Dauerhaftigkeit von Betonfahrbahnen kann für die Asphaltbauweise ebenfalls propagiert werden, nämlich durch konsequenten Einsatz von Gussasphalt für die Deckschicht. Die seit etwa 2013 zunehmenden Projektbeispiele lassen vermuten, dass Gussasphalt für die komplexen Randbedingungen zur Herstellung einer Kreisverkehrsfläche eine ideale Bauweise ist.

Gussasphalt ist hohlraumfrei, deshalb wasserundurchlässig und alterungsbeständig. Er bedarf keiner Verdichtung. Durch den Transport des Gussasphalt-Mischgutes in Rühr-werkskochern ist eine geregelte und gleichmäßige Einbautemperatur gewährleistet. Die Fahrbahndeckschicht aus Gussasphalt ist abriebfest, verformungs- und risseresistent. Nutzungszeiträume von 30 Jahren und mehr sind für Deckschichten aus Gussasphalt auch bei hohen Verkehrsbeanspruchungen eher der Regelfall als die Ausnahme.

Wahl des Asphaltbinders

Die Deckschicht aus Gussasphalt ist bei höheren Beanspruchungen immer auf einer Asphaltbinderschicht vorzusehen. Dem Binder kommt eine wichtige Bedeutung zu. Unter Gussasphaltbelägen sollte dieser grundsätzlich dicht konzipiert sein, um die Ge-fahr von Blasenbildungen vorzubeugen. Der Asphaltbinder muss verformungs-, ermüdungs-, und kältebeständig eingestellt sein. Die genannten Anforderungen lassen mit den Angeboten aus den TL Asphalt nicht immer prozesssicher realisieren. Jüngste Erfahrungen zeigen aber, dass Asphaltbinder nach den Hinweisen für den Bau alternativer Asphaltbinderschichten (H AL ABi) bessere Eigenschaften als die konventionellen Binder aufweisen und zudem mit geringeren Einbaurisiken verbunden sind. Im H Al ABi kann zwischen stetig gestuften Bindern (SG-Binder) und Asphaltbindern nach dem Splittmastixprinzip (SMA-Binder) gewählt werden. Beide Binderkonzepte sind aufgrund ihrer Zusammensetzung und Anforderungen an die eingebaute Schicht für Binderschichten unter Gussasphalten zu empfehlen.

Gussasphalteinbau

Im Regelfall sollte die Möglichkeit einer maschinellen Gussasphaltverarbeitung auch für den Einbau in Kreisverkehrsplätzen angestrebt werden. Dennoch belegen diverse gelungene Projekte, dass ein gut geplanter und sorgfältig ausgeführter Handeinbau der Gussasphaltdeckschicht nicht zwingend mit Qualitätsverlusten „erkauft“ werden muss. Beim maschinellen Einbau wird besonderes Augenmerk auf eine sehr hohe Ebenheit der Kreisfahrbahn gelegt. Auf dem nicht angespritzten Asphaltbinder sind Gussasphalt-Vorlegestreifen entlang des Kreisinnenringes sowie im Außenbereich zwischen den „Armen“ zu verlegen. In den Kreisein- und Kreisausfahrten wird der Gussasphalt entlang der Fahrbahnteiler händisch vorgelegt. Im nächsten Arbeitsschritt wird die Kreisfahrbahn mittels Einbaubohle mit integriertem Splittstreugerät in einem „Rutsch“ hergestellt. Es entsteht eine Quernaht über die Kreisfahrbahn sowie Längsnähte entlang der Vorlegestreifen. Diese müssen aufgeweitet und anschließend mit Fugenvergussmasse versiegelt oder mit anderen geeigneten Maßnahmen abgedichtet werden.

Abb. 2 Einbau von Gussasphalt im Kreisverkehr mit Bohle

Beim händischen Einbau ist zwingend sicherzustellen, dass ausreichend erfahrene „Gussasphalteure“ über die Fahrbahnbreite parallel verteilt den Gussasphalt „einspachteln“. Die Ebenheitsanforderungen der DIN 18317für den händischen Einbau (10 mm) sind hierbei einzuhalten. Erfahrungen zeigen, dass diese häufig auch sicher unterschritten werden können. Bei guter Planung und ausreichender Anzahl an Fach-kräften entsteht auch bei dieser Einbauvariante nur eine Quernaht. Längsnähte zwischen Kreisfahrbahn und Ein- sowie Ausfahrten müssen ebenfalls nachbearbeitet werden. Besondere Sorgfalt ist beim Handeinbau auf das gleichmäßige händische Abstreuen der Oberfläche zu legen. Beim Hand-, wie auch beim maschinengeführten Einbau, ist ein Walzeneinsatz unerlässlich. Die Oberflächenbehandlung gemäß Verfahren B der ZTV Asphalt-StB 07/13 sollte für eine Deckschicht aus Gussasphalt in Kreisverkehrsflächen nicht zur Anwendung kommen, da während der Fahrt durch den Kreisel Geschwindigkeiten von 30 km/h selten überschritten werden. Lärmtechnische Aspekte spielen folglich keine Rolle.

Gussasphaltkonzeption

Unabhängig von den Betrachtungen zu den Lärmeigenschaften sollte bei der Planung dennoch der Wahl des Abstreumaterials besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Bei Einsatz eines MA 8 S als Gussasphaltdeckschicht bringt die Verwendung von Abstreusplitt in der Körnung 2/4 mm eine sichtbar günstigere Oberflächentextur als bei der alternativen Verwendung der Lieferkörnung 2/5. Das Abstreumaterial ist bindemittelumhüllt (ca. 1,0 M.-%) auf der Baustelle anzuliefern. Für ein vorteilhaftes Verarbeitungsverhalten, insbesondere bei Handeinbau, kann die Verwendung eines MA 8 S empfohlen werden, der bis zu einer Gesamtschichtdicke von 3,5 cm vorgesehen wer-den kann. Die Erzielung der notwendigen Gussasphalteigenschaften wird u.a. durch die Wahl der Bindemittelkombination aus 30/45 (ggf. auch 20/30), Trinidad Epuré und einem viskositätsreduzierenden Zusatz sichergestellt (z. B. 30/45 + 2,2 M.-% TE NV). Diese Bindemittelwahl unterstützt neben der Verformungsbeständigkeit auch das Einbindevermögen des Abstreusplittes in die Gussasphaltoberfläche. Eine gute Verarbeitbarkeit des Gussasphaltes, auch bei Temperaturen unterhalb von 230 °C, wird dadurch ebenfalls ermöglicht. Weiterhin wird empfohlen, im Rahmen der Erstprüfung die Eindringtiefe bei hohen Beanspruchungen (ab BK 3,2) zwischen 1,5 und 2,0 mm, mit einer Zunahme von max. 0,2 mm, einzustellen. Ein zusätzlicher Vermerk in der Erstprüfung zum gewählten Bindemittelüberschuss und zu der ermittelten Rütteldichte kann für eine abschließende Qualitätsbewertung des Gussasphaltes eine große Unterstützung darstellen.

Abb. 3: Fertiggestellter Kreisverkehrsplatz mit Gussasphaltdeckschicht (B 287 Wandlitz/Brandenburg)

Fazit

Gussasphalt verbindet alle erforderlichen Gebrauchseigenschaften an Verkehrsflächen für Kreisverkehrsplätze. Er lässt sich ohne Mehraufwand zielsicherer einbauen als Splittmastixasphalt oder Beton. Neben der Funktion als Deckschicht mit optimalen Gebrauchseigenschaften dient Gussasphalt auch als „Abdichtung“ der darunter liegenden Schichten. Nicht vorhandene Hohlräume verhindern nicht nur einen schädlichen Wasserzutritt, es wird auch der für Oxidationsvorgänge notwendigen Zufuhr von Luftsauerstoff entgegengewirkt. Alterungsvorgänge innerhalb der Asphaltkonstruktion finden deshalb deutlich reduziert statt. Lange Nutzungszeiträume bis zur ersten notwendigen Instandsetzungsmaßnahme können deshalb für Kreisverkehrsplätze mit einer Deckschicht aus Gussasphalt prognostiziert werden.